Ein Datei-Anhang, der ohne eindeutige Dateibezeichnung versandt wird, gilt nicht automatisch als zugegangen, wenn der vermeintliche Empfänger einwendet, den Anhang nie gelesen zu haben.
Anders als beim Briefkasten, bei dem zumindest in bestimmten Fällen eine sogenannte Zugangsfiktion gelten kann (der Brief GILT als zugegangen, auch wenn der Briefkasten-Inhaber ihn tatsächlich noch nicht gelesen hat) ist dies beim E-Mail-Postfach nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm nicht der Fall.
Hintergrund ist eine wettbewerbsrechtlich motivierte Abmahnung, die ein Online-Händler seinem Mitbewerber über seinen Anwalt per Mail geschickt hatte. Die eigentliche Abmahnung war jedoch, ebenso wie die vorbereitete Unterlassungserklärung, nicht in den E-Mail-Text eingefügt, sondern als pdf-file angehängt.
Allein dies reicht nach Ansicht des Gerichts dafür aus, dass der Empfänger die Mail, bzw. deren Inhalt nicht gegen sich gelten lassen muss: Denn zum einen ist die allgemein bekannte Warnung vor dem Öffnen von Mails unbekannter Absender (wie hier gegeben) ein ausreichendes Motiv für das Nicht-Öffnen des Anhangs, zum anderen die vom Versender benutzten, kryptischen Dateinamen: Bei „2020000067EU12984.pdf“ wird kaum jemand vermuten, was sich dahinter verbirgt – und darf entsprechend den Inhalt des attachments getrost ignorieren.
Wie das OLG ausführte, kommt es dabei noch nicht einmal darauf an, ob die Mail im Spam-Ordner landet – dies hatte der Beklagte eingewendet – oder nicht. Entscheidend ist, dass die Absenderadresse dem Adressaten unbekannt und der gewählte Dateiname nicht gerade vertrauenerweckend waren.